Fortsetzung von Teil 1 „Warum du für Arbeit nicht brennen musst, um erfolgreich zu sein.
Teil 2: Ein Hoch auf die Routine
Ich habe 25 Jahre als Angestellte gearbeitet. Die restlichen Jahre bin ich selbständig. In beiden Welten ist jede Arbeit irgendwann langweilig. Das ist nicht schlecht. Es ist Routine, gewollte Routine, die mir viele Arbeiten erleichtert. Routinen, die mir Sicherheit verleihen.
Ich war motiviert und engagiert. Ich habe in vielen Bereichen als Quereinsteigerin gearbeitet und kannte, oder kenne mich immer noch in Sachgebieten aus, wofür andere heute 6 Semester studieren. Alles ohne je dafür gebrannt zu haben.
Heute bin ich froh, dass Routine einkehrte. Die ersten Jahre in der Selbständigkeit waren anstrengend. Als endlich auch hier Routine einkehrte, habe ich das als sehr angenehm empfunden. Dadurch war ich freier für neue Aufgaben und ich konnte weitere Jahre selbständig arbeiten, ohne auszubrennen.
Es gibt mehr dumme als schlaue Arbeitgeber
In jungen Jahren betrachtete ich Routine als langweilig. Ich habe immer dann schnell den Job gewechselt, wenn ich keine qualitative Herausforderung mehr verspürte. Ich habe ich mich daran probiert, die Arbeitsabläufe zu rationalisieren. Teilweise eine super Herausforderung. Ergebnis war nicht etwa Lob vom Arbeitgeber, sondern Maßnahmen, die mich für Zwei arbeiten ließen. Ich bekam quantitative Mehrbelastung aufgebürdet.
Fragen Sie mal, wie schnell ich fort war. Es gibt mehr blöde als kluge Arbeitgeber. Ich war früher in der Lage mich so sehr mit meinem Arbeitgeber zu identifizieren, dass ich fast glaubte, es sei mein eigenes Unternehmen. Das muss man sich mal vorstellen. Und was machen diese Idioten?
Heute weiß ich: man verlässt nicht die Firma, sondern fast immer die Vorgesetzten.
Jede Aufgabe wird irgendwann langweilig
Würden Sie gerne in einem Flieger sitzen, in dem Sie vom Piloten mit den Worten begrüßt werden: „Herzlich willkommen. Heute ist ein guter Tag für neue Herausforderungen. Ich brenne für die Fliegerei. Jeden Tag gibt´s was Neues…“
Wir sind auf Routine angewiesen
Nur keiner will sie machen. Kaum jemand spricht das aus.
Bin ich froh, im Notfall einem routinierten Arzt ausgeliefert zu sein. Ich weiß und höre einige aufschreien, dass wir alle mal angefangen haben. Gut. Darum geht es im Moment nicht.
Vielleicht war dieser Arzt anfangs beseelt und brannte für die Vorstellung Menschen zu helfen, Herzen zu operieren und Stoffwechselerkrankungen zu heilen. Dann sollte Routine einkehren, denn Brennen und Leidenschaft produziert im Übereifer auch Fehler.
In meinem ersten Leben war ich Zahnarzthelferin. Es gab einen Zahnarzt, der im Alter noch ernsthaft begeisterungsfähig war, Münder zu sanieren. Das war mein Ausbilder. Der große Rest, den ich nach meiner Ausbildung kennlernen durfte, hatte Anfang vierzig nur Dollarzeichen im Auge und den nächsten Porsche im Blick. Das ist eine Unterstellung, ich weiß, aber meine ganz persönliche Wahrnehmung.
Ob Akademiker oder ungelernte Aushilfskraft, alle überfällt früher oder später die Routine.

Was muss Arbeit bieten?
Womit verknüpfen wir unsere Arbeit? Was soll Arbeit für uns lösen? Wieviel Gewicht legen wir in unsere Charakterstärken und Bedürfnisse?
- Selbstverwirklichung
- Sinnhaftigkeit
- Gestaltung
- Freiheit
- Vermögen aufbauen
- Anerkennung finden
- bedeutsam sein…???
Selbstverwirklichung und Freiheit
waren meine Haupttriebfedern für den Schritt in die Selbständigkeit. Das Engagement, das ich für meine Arbeitgeber an den Tag legte, war bei den meisten Arbeitgebern nicht in guten Händen. Ich hatte etwas Besseres verdient und meinen Arbeitseifer konnte ich am besten in einer Selbständigkeit ausleben. Heute weiß ich, dass das mit der Selbstverwirklichung nur funktioniert, wenn die gewählte Tätigkeit absolut mit Lebenszielen übereinstimmt. Sinnstiftend nicht nur für mich selbst als Sinn meines Lebens, sondern auch sinnstiftend für meine Umwelt, meine Leute um mich herum und alle meine Kunden.

Selbstverwirklichung ist kein EGO-Trip!
Lebensumstände und Lebensziele ändern sich häufiger, als ich mir das in jungen Jahren hätte vorstellen können. Leben ist Veränderung, ist Bewegung. Wie oft habe ich mich gefragt, ob es das wirklich noch ist, was ich will. Wohin soll die Reise gehen?
Heute bin ich gelassener und finde meinen Seelenfrieden in der Vielfalt meines Schaffens. Alles ist genehm. Die Routine, die Buchhaltung, das Finanzamt mit immer neuen Formularen (es soll nicht einfacher werden), aber auch immer neue Kundschaft. Lob von der Kundschaft tut gut und motiviert mich. Auf die Uhr schauen und entscheiden, jetzt Schluss zu machen und ein Glas Wein zu trinken. Keiner verbietet mir das. Am Morgen länger schlafen, was ganz selten vorkommt. Aber das Wissen darum, lange Schlafen zu können, ist ein Gefühl der Freiheit für mich. Vielleicht lässt mich genau das früh aufstehen? Allein deswegen lohnt sich für mich das Arbeiten in der Selbständigkeit und natürlich noch viele andere Gründe mehr.
Arbeit will verwaltet werden und dafür braucht es Routine
Wohl dem der verstanden hat, das Arbeit verwaltet werden will. Es gehört eben dazu, Formulare auszufüllen, Rechnungen und Angebote zu schreiben und an die Steuererklärung zu denken. Die „Verwaltungsaufgaben“ können gar nicht genug routiniert sein. Sie sind enorm wichtig für unser aller Leben im privaten wie im beruflichen Umfeld, damit wir nicht im Burnout abtauchen müssen.
Also was ist das Problem, wenn wir Routine erleben. Langeweile? Routine ist keine Langeweile. Das Wort Langeweile entspringt nicht meinem Wortschatz. Ich pflege die angeblich langweiligen Momente. Ich nutze sie zur inneren Einkehr, zur Muße. Vielleicht küsst mich dann die Muse. Schön wäre, wenn mich die Kunst-Muse öfter küssen würde.

Warum ich für Arbeit nicht brennen muss und Routine willkommen heiße
Ich habe etwas dagegen, wenn man mir einredet, meine Arbeit sei nichts wert, weil ich nicht mit ganzem Herzen dabei bin. Indirekt wird das häufig suggeriert. Oder ich werde nicht erfolgreich sein, weil ich nicht für mein Thema, oder mein Produkt, oder meine Dienstleistung brenne.
Das ist Bullshit. Ich sehe die Arbeit als das, was sie ist. ARBEIT.
Routine gibt mir Sicherheit und wirkt entlastend. Ich liebe Routine, weil sie Räume verleiht, um der Kreativität Platz zu lassen.
Meine Grundregeln für ausgewogenes Arbeiten ohne Brennen
- Ich schenke mein Leben nicht an die Arbeit.
- Für den Sinn meines Lebens bin ich selbst verantwortlich und nicht meine Arbeit.
- Ich bin in der Arbeitswelt austauschbar, aber eine einzigartige Persönlichkeit im Leben, einfach unersetzbar.
- Arbeit ist ein Tausch von Zeit gegen Geld. Ich bringe Produkte und Dienstleistungen hervor, die ich in meiner Lebenszeit entwickle. Sie erwirtschaften meinen Lebensunterhalt. Nicht mehr und nicht weniger.
- Entscheidend ist die Qualität meiner Arbeit, wie gut ich arbeite, nicht wie leidenschaftlich.
- Ich heiße Routine willkommen.
- Wenn ich brennen muss, mache ich mir über meinen inneren Kompass Gedanken, damit ich wieder wahrhaft produktiv arbeiten kann bei großer Zufriedenheit und bester Gesundheit.
Was ist Arbeit für Euch?
Eine Frage an diejenigen, die noch arbeiten, oder vielleicht wieder in die Arbeit kommen möchten: “Was ist Arbeit für Euch?“